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schleusen #15 - Krieg und Körperlichkeit als zwei Aspekte der zeitgenössischen polnischen Kunst

17 Jun 2010 - 20:00

 Vortrag von Agnieszka Bulak

 

Die Klassifizierung von Kunst ist stets willkürlich, immer auch anders möglich. In der Reflexion über Kunst und ihre Aspekte eröffnet sich eine weite und vielschichtige Ebene von Bildern und Metaphern, ein Meer wogender Wellen, die einander einholen und ineinander übergehen. Die sich – je nach Tempo, Konstellation, Gestaltungskraft und Umfeld – frei entfalten und ausbreiten. Doch bei aller Dynamik bleiben diese Wellen der Aspekte doch immer fest im Meer der Kunst eingeschlossen.

 

Wie Wellen gehen auch die beiden im Vortrag vorgestellten Aspekte der zeitgenössischen polnischen Kunst – „Nachwirkung des Krieges und des Holocausts“ und „Körperlichkeit“ – ineinander über. Dennoch sollen sie aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit getrennt voneinander betrachtet werden:

 

Im ersten Teil, der sich mit der Nachwirkung des Zweiten Weltkrieges und des Holocausts befasst, zeigt sich, dass diese Traumata die polnische Gesellschaft bis heute stark bestimmen. Jede Generation kommentiert sie anders und findet neue künstlerische Ausdrucksformen in der Auseinandersetzung mit ihnen. Als Beispiele hierfür werden Werke von Mirosław Bałka, Karol Broniatowski, Ewa Kuryluk, Zbigniew Libera, Piotr Uklański und Artur Żmijewski vorgestellt.

 

Im zweiten Teil des Vortrags wird deutlich, dass die polnischen Kunstschaffenden seit Anfang der 1990er Jahre die Körperlichkeit unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten und ins Zentrum ihres Schaffens stellen. Die Körperlichkeit als Motiv wird zum Spiegel der Gesellschaft und der in ihr geltenden Regeln. Die ästhetische Verwendung dieses Motivs offenbart die gesellschaftlichen Tabus und Unbequemlichkeiten sowie die patriarchalen Strukturen des Denkens und Handelns. Sie demonstriert den Betrachtenden die manipulierende Kraft der öffentlichen Medien und die Ausgrenzung von Gruppen, die nicht in das konstruierte Idealbild passen. So dekonstruieren diese Kunstwerke die Machtstrukturen der Gesellschaft und decken auf, wie sie insgeheim funktioniert. Als besonders repräsentative Beispiele sollen hier Werke von Katarzyna Kozyra, Zofia Kulik, Konrad Kuzyszyn, Dorota Nieznalska, Hanna Nowicka-Grochal, Robert Ruman, Jerzy Truszkowski, Alicja Żebrowska und Artur Żmijewski vorgestellt werden.

 

Agnieszka Bulak verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Polen. Nach ihrem Umzug nach Berlin absolvierte sie ein Studium der Kunstgeschichte, Neueren Deutschen Literatur und Allgemeinen Linguistik an der FU Berlin. Heute lebt sie in ihrer Wahlheimat Berlin und engagiert sich unter anderem beim deutsch-polnischen Kulturaustausch.