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coal oven//Tonia Reeh + Rudi Fischerlehner

24 May 2014 - 20:30

doors 20:30, concerts starts: 21:30

COAL OVEN

Dave Bennett - guitar/vocals
Miles Perkin - bass/vocals
Derek Shirley - drums

Coal Oven plays experimental country noise.
Coal Oven comes from Canada.

They met in montreal, Canada in the 90's and then again in Berlin, Germany. Having grown up on the same food stuffs, television programs, and vast tracts of nature, they decided to play music that would express all of these things. They call the music THEIRS.

see: https://www.facebook.com/coal.oven

listen: https://soundcloud.com/coal-oven/sets/demo-2013

Tonia Reeh

+ Rudi Fischerlehner on drums

https://www.facebook.com/tonia.reeh

Donnernde Entschlossenheit
Die Singer/Songwriterin Tonia Reeh fesselt im Mousonturm.

Wenn Tonia Reeh am Klavier Platz nimmt, freundlich das Publikum begrüßt und pointiert in die Tasten greift, lässt sich die kommende Intensität noch nicht ahnen. Doch kurz darauf fegt Reehs Gesang etwaige Hoffnungen auf einen entspannten Abend grimmig beiseite. Eine unerwartet dunkle Stimme dringt aus Kehle und Seele der zierlichen Musikerin. Mal sprechsingend, mal mit lang angehaltenen Tönen lotet sie verschattete Stimmungen aus, verleiht abgründigen Gedanken und harschen Worten vehement Ausdruck. Selbst in tiefen Registern und vergleichsweise ruhigen Momenten lauert eine hitzige Energie, die jederzeit ausbrechen kann. Unversehens springt Reehs angriffslustiger Alt eine Oktave höher, spitzt die Atmosphäre mit dramatischen Aufschwüngen zu, schraubt sich in Kopflage oder explodiert in einer gnadenlosen Schrei-Attacke.

Noch unmittelbarer als auf ihren bemerkenswerten CDs, deren jüngste „Fight Of The Stupid“ im vergangenen Herbst erschien, überfällt Tonia Reehs Dringlichkeit auf der Bühne. Mit Unterhaltung hat sie nichts im Sinn; programmatisch donnerte sie schon auf dem vorhergehenden Album „I hate entertainment“. Die Alternative zu Konsens und Plattitüden liegt für die Berlinerin vor allem im kompromisslosen Ausdruck von Gefühlen. Dass Ärger und Wut, Unruhe und Ratlosigkeit finstere Vorstellungen hervorrufen können, reflektieren Reehs suggestive Texte. „Westpoint“ beispielsweise kreist um die Verrohung einer Gesellschaft, als Aufhänger dient das gleichnamige Slum-Viertel der liberischen Hauptstadt Monrovia. „I found a knife in your wife“ beschreibt Reeh drastisch die Ausgangslage und fragt sich im weiteren Verlauf, wie sie als Beobachterin mit der tödlichen Teilnahmslosigkeit der Menschen umgehen soll.

Ungeachtet ihres Gehalts stellt Tonia Reeh die Texte live nicht in den Mittelpunkt. Im Gegenteil zersingt sie die Wörter bisweilen bewusst, um dem Publikum Raum für eigene Assoziationen zu lassen. Ein künstlerischer Entschluss, der Reeh mehr als Musikerin denn als Poetin definiert. Das war auch schon früher so, als sie unter dem Namen Monotekktoni mit Keyboards und Elektronik zu politisch aufgeladenem Punk tendierte oder mit Bands wie Masonne zeitgenössischen Progressive-Rock spielte. Dass Reeh einst Klavier studierte, ist in ihren fließenden Kaskaden und insistierenden Stakkti ebenso unüberhörbar wie die Tatsache, dass sie dieses Studium wegen seiner formalen Starre abbrach. Souverän balanciert Reeh zwischen Underground-Rock, Neuer Musik und Pop, vereint wohlüberlegte Details mit Expressivität, ohne dabei in spekulatives Pathos zu verfallen.

Seit gut einem halben Jahr spielt Tonia Reeh mit dem Schlagzeuger Rudi Fischerlehner, der im Jazz und improvisierter Musik verwurzelt ist und auch als Komponist oder Produzent arbeitet. Seine variablen Patterns auf regulärem Drumset und zusätzlichem Blech passen perfekt zu Reehs kontrastreicher, bisweilen einer Achterbahn ähnelnden Musik. Mal sensibel, mal robust unterstützt Fischerlehner die Songs nicht nur durch präzise klappernde Beats, sondern auch mit lautmalerisch-scheppernden Einsätzen. Das Duo kreiert eine Dichte und Dynamik, die manche weit größere Band verblassen lässt. Mit ihrer entschiedenen Haltung und ungestümen Präsenz profiliert sich Tonia Reeh als eine der markantesten Persönlichkeiten unter den deutschen Independent-Songschreiberinnen.
NORBERT KRAMPF/FAZ