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GOOD ENOUGH FOR YOU + Gelbart

26 Apr 2008 - 22:00


GOOD ENOUGH FOR YOU
are "the most likeable couple-band since Stereo
Total and always worth a discovery with their marvelous absurdities"
(FR-Online.de, 03/2007). Na dann!

www.goodenoughforyou.at

plus



GELBART

www.gelbartmusic.com

plus djs

[22 jahre tschernobyl disco night]

supported bei:

GOOD ENOUGH FOR YOU

(Wien/Austria/22.Jahrhundertfuchs)
sind:

Karin Brüll
(Schwestern Brüll / clarinet, vocals, axe-guitar, percussion)

Raumschiff Engelmayr
(BulBul / beats, vocals, e-guitar)

Das Wiener Duo GOOD ENOUGH FOR YOU, dessen Name der Textzeile eines Captain Beefheart-Songs entstammt, wurde 2005 gegründet. Manfred Engelmayr - bekannt von der österreichischen Noise-Rock-Experimental-Formation BULBUL - macht sich diesmal als Raumschiff Engelmayr in neue musikalische Weiten auf und tritt mit Karin Brüll - bekannt von der feministischen Künstlerinnengruppe SCHWESTERN BRÜLL - an seiner Seite aus dem Schatten des von Männern dominierten Rockgenres.

Auf ihrem Debüt-Mini-Album mit dem Titel "Wer hat von meiner Installation gegessen?" - veröffentlicht im August 2007 auf dem eigens dafür gegründeten Label 22.Jahrhundertfuchs - erweitern sie mit Hilfe treibender Electrobeats, peitschender Gitarrensounds, experimenteller bis melodiöser Klarinetten-, Trompeten-, und Maultrommelsoli, einer selbst gebauten Axtgitarre, dadaistisch anmutender Texte, zweistimmigen Gesangs und jeder Menge exotischer Samples den Begriff des Electro-Rock/Pop um das Moment der Schrägheit. Ihre musikalischen Ideen entfalten sich auf der CD-EP in "acht Songs, die allesamt das Zeug zum Smash Hit haben" (Freistil 05/2007).

Dennoch ist der Höhepunkt des Albums ohne Zweifel das von verzerrten Stimmen geprägte "Blackseat Of My Car", von dem Acid Pauli - auch bekannt als Martin Gretschmann von den Bands Console und Notwist - einen Techno-Remix angefertigt hat. Der Remix ist Mitte April 2007 gemeinsam mit dem Original-Track und dem Song mit dem witzigen Titel "Sitting On The Dog Of My Babe" auf blitzblauem 12? Vinyl beim Münchener Label Disko B erschienen. Spezielle Besonderheit: die Seite mit dem Remix läuft von innen nach außen!

Nach mehreren Auftritten in Österreich und den USA waren GOOD ENOUGH FOR YOU im März 2007 als Support von Console in Deutschland und der Schweiz auf Tour. Laut Frankfurter Rundschau sind sie die "sympathischste Pärchenband seit Stereo Total und allemal eine Entdeckung wert mit ihren fabelhaften Abstrusitäten" (FR-Online.de, 03/2007).

KARIN BRÜLL agiert als Musikerin bei GOOD ENOUGH FOR YOU, wo sie für Klarinette, Gesang, Axtgitarre und Eimer-Percussion zuständig ist. Mit ihren beiden Schwestern hat sie 2001 die feministische Künstlerinnengruppe Schwestern Brüll gegründet, mit der sie an Ausstellungen und Diskussionen teilnimmt, Performances inszeniert und die Radiosendung "Das Brüllzimmer" auf Radio Orange 94,0 in Wien macht.

RAUMSCHIFF ENGELMAYR lebt als Musiker in Wien. Bei GOOD ENOUGH FOR YOU sorgt er für Beats, Gesang und E-Gitarre. Außerdem ist er Kopf der überdrehten Avantgarde-Magiere BULBUL sowie Gitarrist bei FUGU AND THE COSMIC MUMU, Schlagzeuger bei den SCHWESTERN BRÜLL. Seine außergewöhnlichen Cover-Artworks wurden in mehreren Design-Magazinen und -Büchern publiziert.

review aus der jungle world:

Lemmy im blauen Kleidchen

Dass im Kopf die besten Ideen entstehen, wenn der Körper in einer
verdrehten Haltung verharrt, wurde bekanntlich schon der kleinen Alice
im Land hinter den Spiegeln offenbart. Aber der Blick, den man in der
Schräglage erheischt, muss schon geschult sein. Es muss dem Betrachter
um Details gehen, die sonst nicht zu sehen wären, und nicht darum, das
Offensichtliche mit verzerrtem Blick wahrzunehmen. Die Frage, ob es
dabei nun um einen scharfen Blick auf das Unscharfe oder einen
unscharfen Blick auf das Scharfe geht, beantworten Good Enough For You
auf ihrer Debüt-CD »Wer hat von meiner Installation gegessen?« aber in
beiden Fällen deutlich mit: »Ja!« Musikalisch ist das Wiener Duo
durchaus der von Knarf Rellöm auf seiner letzten CD ausgerufenen
»außerplanetarischen Opposition« verwandt. Es entspinnt mit
Big-Fuzz-Garagenrock-Gitarren, zerbröselnden, knarzenden Basslinien
synthetischer Herkunft, dem Restmüll entnommener Perkussion und
elektronischen Moe-Tucker-Beats sowie hübschen Solo-Instrumenten wie
der Maultrommel, der Klarinette oder der gestopften Trompete einen
aufregenden Bastard-Pop. In ihm kann man durchaus gut versteckte
Anleihen beim Sixties-Surf entdecken, wie er mit seinen elektronischen
Klangverfremdungen aus der Ära der Fernsehserie »Familie Feuerstein«
bekannt ist. Zuguterletzt blitzt in einem der einnehmend tanzbaren
Electro-Songs auch noch ein frech geklautes »Teen-Spirit«-Riff auf.
Dieses durch und durch bizarre Ergebnis verwundert bei den umtriebigen
Querköpfen Karin Brüll und Raumschiff Engelmayr zwar nicht wirklich.
Sie spielen auch noch in den österreichischen Bands Schwestern Brüll
und BulBul. Aber in der Form des Songs »Lemmy, lemme know« Lemmy
Kilmister von Motörhead die Stelle des Bassisten unter der Bedingung
anzubieten, dass er auf der Bühne ein blaues Kleidchen trägt, hat einen
unschlagbar selbstbewussten und größenwahnsinnigen Charme. Dazu gibt es
von »Blackseat Of My Car« auch einen Remix von Acid Pauli. Demnächst
kann man Good Enough For You außerdem live sehen. Die Band ist ab der
Mitte des Monats mit Console auf Tour.

didi neidhart / jungle world

GELBART

(Berlin/Tel Aviv)

ist:

Adi Gelbart
(The Lonesomes / analogue machines, guitars, rewired battery operated instruments)

Do-It-Yourself-Experimental-Pop: Adi Gelbart kombiniert alte analoge Gerätschaften, Gitarren und neuverdrahtete, batteriebetriebene Instrumente, um seine eigenwillige Version von lo-fi elektronischer Musik zu verwirklichen. Nebenbei komponiert er auch Filmmusik. Gelbart hat sich seine eigene musikalische Signatur kreiert, in der musikalische Komplexität und naive Verspieltheit einhergehen. Zurzeit lebt er in Berlin und betreut neben seinen eigenen Projekten auch eine Country-Band, in der vier Kühe unter dem Namen The Lonesomes auftreten und die ihre Berlin-Premiere vor einiger Zeit ebenfalls im ausland feierten.

Ein Text von Norbert Krampf (culturebase / hkw):

Anarchie im Elektronik-Baukasten

Wenn heute der Begriff "elektronische Musik" fällt, sind Gedanken an Laptop, DJs und Techno meist nicht fern. Ganz andere technische und künstlerische Wege geht Adi Gelbart. Konsequent experimentiert er mit analogem Equipment und collagenartigen Klängen, zu denen die Synapsen des Bewusstseins statt der Beine tanzen.
"Die heute populäre Electronic Music mag ich nicht besonders", stellt Adi Gelbart fest, "viel interessanter finde ich, Entwicklungen aus der elektronischen Frühzeit oder Ideen der Musique Concrète in andere Richtungen weiter zu denken." Den 1975 geborenen Musiker deswegen einen Traditionalisten zu nennen, wäre sicher weit gefehlt. Vielmehr scheinen Gelbarts Haltung und Musik rebellischer und irritierender, als es die längst im Mainstream angekommenen einstigen Aufrührer der Techno- oder Drum & Bass-Szene derzeit noch sein können. Besonders jüngste Produktionen des Wahl-Berliners Adi Gelbart überlisten Hörgewohntheiten durch individuelle Stil-Brüche und -Vermischungen. Ihre freche Unbekümmertheit entwickelt, vordergründig betrachtet, beinahe eine Art Punk-Attitüde, hat aber mit dessen stilisiertem Dilettantismus nichts gemein.

"Techno-Produzenten benutzen Drumcomputer und Sequenzer etc. in genau der Form, wie die Geräte gedacht waren", findet Gelbart, "daher ist das Ergebnis meist vorhersehbar und statisch." Folglich arbeitet Gelbart mit den Maschinen eben nicht im Sinne ihres Erfinders. Zudem nutzt er ausschließlich analoges Equipment und selbstverständlich keine Samples fertiger fremder Werke. Alte Synthesizer und nicht programmierbare Drum-Machines gehören ebenso zu Gelbarts Instrumentarium wie E-Gitarre und selbst gebaute Konstruktionen. Alle Klangerzeuger sind nur Mittel zum Zweck. Sogar die primitiven Samba- oder Chachacha-Rhythmen der "antiken" Maschinen finden in Gelbarts Fantasiewelt ungeahnte neue Einsatzmöglichkeiten.

Die Verspieltheit mancher Kompositionen kommt nicht von ungefähr. Adi Gelbart liebt es, elektrisches Spielzeug zu zerlegen und für seine Zwecke zu manipulieren. Oszillatoren reagieren auf Lichtimpulse, imitieren Polizeisirenen oder, nach entsprechender Bearbeitung durch Gelbart, auch Scratches eines DJs. Sein Basiswissen stammt aus einem Kinderbaukasten, seine Kreativität lässt sich unter anderem vom Konzept des ?Circuit Bending" inspirieren. "Es ist relativ simpel: Man schraubt eine elektrische Kinderorgel auf und stellt Kontakte her, ohne zu wissen, was passiert und welche Sounds dadurch entstehen."

Als Adi Gelbart 2001 sein erstes Album veröffentlichte, klang die Musik noch recht freundlich und entwickelte mitunter beinahe Lounge-Atmosphäre. "Ich war jung und die Welt schien ziemlich in Ordnung, bevor der allgemeine Wahnsinn nach den Attentaten in New York ausbrach. Außerdem hatte ich mich damals noch weit weniger von gängiger Pop-Ästhetik gelöst als heute."

Tatsächlich begann Gelbart in Rockbands, entwickelte dann als Kontrabassist eine Vorliebe für Jazz und wechselte schließlich zur Elektronik. Entsprechend nennt er als Lieblingsmusiker Charles Mingus und Thelonious Monk, die artifiziellen Punks Devo, Klassiker wie Satie und Messiaen sowie die Elektroniker Raymond Scott und Dick Hyman. 2005 zog Adi Gelbart von Israel nach Berlin, buchstäblich um dem heimischen Klima zu entfliehen. "Ich bin ein Winter-Typ und kann in der Hitze nicht arbeiten", überrascht Gelbart mit einem Faible für grauen Himmel und kühle Temperaturen, "aber ich liebe auch den Rhythmus auf den Straßen Berlins."

Seine neuen, 2008 zur Veröffentlichung anstehenden Produktionen klingen trotz immer wieder aufleuchtender Harmonien gebrochener und radikaler denn je. Bizarre Klänge formen sich zu abstrakten Strukturen und werden gleich darauf wieder von rhythmischen Phrasen "zerschossen". Spröde Dissonanzen unterminieren eingängige Melodiefragmente, die manchmal absichtsvoll an Kinderlieder erinnern. Gezielt arbeitet Gelbart an Verdichtung und überraschenden Momenten. Die komplexen Arrangements der aktuellen Stücke zeigten, so Gelbart, in erster Linie seine persönliche Entwicklung. "Aber sie reflektieren natürlich auch den Zustand der Welt. Ich glaube nämlich nicht, dass es für die aktuellen Probleme eine große Gesamtlösung gibt, die von Regierenden präsentiert werden kann." Trotz dieser offenbar eher pessimistischen Sicht bewahrt sich Gelbart ein gehöriges Maß Humor - allein schon, weil das globale Drama sonst kaum zu ertragen sei.

Über die Jahre und mehrere CD- und Vinylproduktionen hinweg suchte Adi Gelbart immer wieder neue künstlerische Richtungen und Ausdrucksformen. Das Projekt "The Lonesomes" beispielsweise war ursprünglich als Film gedacht, doch dann wurde eine imaginäre Band daraus, deren "Cow-Music" fröhlich Cowboy-Romantik und Western-Klischees karikiert. Hier spielt Gelbart sogar mit Streicher-Arrangements, die zuweilen Cinemascope assoziieren, ohne je einen einzigen Originalton von Morricone & Co. zu zitieren. Auch andere Veröffentlichungen klingen mitunter nach Soundtracks zu noch nicht gedrehten Filmen, zukünftig will Gelbart verstärkt Musik und Bilder gleichzeitig komponieren. "Meine bisherigen Erfahrungen als Auftragskomponist waren nicht besonders erfreulich", erinnert er sich, "die Regisseure wollen die Musik immer einfacher haben als ich und das macht keinen Spaß."

Fiktive Filmsounds scheinen dennoch in aktuellen Produktionen Adi Gelbarts anzuklingen, zumal einige Kompositionen durch Science Fiction-Literatur beeinflusst sind. Jüngst schrieb Gelbart "The 11th Voyage", vier Stücke inspiriert durch Bücher von Stanislaw Lem. Eines davon, "Antimatter Against The Lord", basiert beispielsweise auf einer Passage aus Lems "The Star Diaries" und abstrahiert religiöse Symbolik in Klängen und Beats. Am Ende des Stückes adaptiert Nonkonformist Gelbart Akkorde aus der Harmoniesprache Olivier Messiaens. "Seine Musik behandelt vielfach religiöse Themen und ich finde, sie repräsentiert Gott in musikalischen Noten besser als Bach in seinen Orgel- und Chorwerken."

Alle Zitate stammen aus einem Interview des Künstlers mit dem Autoren im November 2007.

Autor: Norbert Krampf