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schleusen#22:Jenseits von Autonomie und Engagement

6 Oct 2011 - 20:00

 

Jenseits von Autonomie und Engagement
Die Figur des Literaten in Walter Benjamins Jugendschriften
 
Vortrag von Johannes Steizinger
 
Die Frage, ob Literatur direkt in gesellschaftliche Konflikte intervenieren sollte oder ein autonomes Reich dichterischer Wahrheit zu etablieren habe, beherrschte die kunsttheoretischen Debatten des frühen 20. Jahrhunderts. In kritischer Auseinandersetzung mit Stefan Georges Kunstreligion entwickelt der junge Walter Benjamin eine interessante Alternative. Er stellt dem Dichter, der in der Poesie eine autonome Welt gestaltet, die Figur des Literaten an die Seite. Letzterer gewinnt nicht aufgrund seiner Werke, sondern seines Lebens gesellschaftliche Bedeutung. Die Protagonisten der literarischen Bohème des Berlins der Jahrhundertwende im Auge betrachtet der junge Benjamin ihren Non-Konformismus als Experimentierfeld neuer Werte und attestiert ihnen deshalb eine sittliche und das heißt in diesem Zusammenhang auch religiöse Funktion. Diese heroische Aufladung der „Outsider“ im sozialen Drama der Moderne ist eingebettet in eine Theorie des Dilettanten, der im Unterschied zur einsamen Meisterschaft des Dichters zwischen Kunst und Leben vermitteln soll.

Johannes Steizinger wird in seinem Vortrag zeigen, wie sich die Figuren des Literaten und des Dichters in Benjamins frühester Kunsttheorie ergänzen und diese gegen Georges Remythisierung der Kunst als Krypto-Religion abheben. Im Zentrum stehen dabei zum einen wenig bekannte Texte wie der „Dialog über die Religiosität der Gegenwart“ (1912), zum anderen ermöglicht es diese Perspektive, einen neuen Blick auf den vieldiskutierten Aufsatz „Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin. ‚Dichtermut‘ und Blödigkeit‘“ (1914/15) zu werfen.

 
 
Geöffnet ab 20 Uhr / Beginn der Veranstaltung um 21 Uhr